Entsolidarisierung unserer Gesellschaft!

Entsolidarisierung unserer Gesellschaft!

Eine Podiumsdiskussion zum Thema Gut-Mensch-Sein.

Wir leben in Zeiten, in denen der Wille, Gutes zu tun, zunehmend lächerlich gemacht wird. Ego- ismus steht mittlerweile anstelle von Solidarität. Klaus Schwertner, Markus Schlagnitweit und Cecily Corti diskutierten am 31. August im Stift Klosterneuburg über Ursache und Wirkung von Solidarität. Sie zeigten auf, dass es nur miteinander geht. Die Verantwortung hört nicht an un- serer Landesgrenze auf, dennoch findet gerade dort eine beunruhigende Tendenz zur Entsoli- darisierung der Gesellschaft statt. Der gute Mensch wird als „Gutmensch“ zum Spott- und Schimpfwort. Verschiedenen Kräften nützen diesen Umstand aus, was zunehmend zu Hass und Gewalt führt. Wenn etwas diese Welt zum Positiven verändern kann, dann ist es Empathie – so das Fazit.

Die aktuelle Ausstellung „Die guten Werke“ im Stift Klosterneuburg beschäftigt sich mit dem weiten Bereich der christlichen Nächstenliebe, bei Matthäus (Mt 25, 34-46) greifbar gemacht durch die „Sechs leiblichen Werke der Barmherzigkeit“. Versucht man diese auf die heutige Zeit umzulegen, so zeigt sich die große Aktualität des Themas: Spontan assoziiert man Begriffe wie Entwicklungshilfe, Flüchtlingsbetreuung, Krankenpflege aber auch Obdachlosenfürsorge und vieles mehr damit. Die Po- diumsdiskussion zum Thema „Gut-Mensch“ fand im Rahmen der zweiteiligen Veranstaltungsreihe "Jenseits von Gut und Böse" statt. Propst Anton Höslinger betonte einleitend, dass sich das Stift mit Veranstaltungen wie dieser in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen wolle. Die Kirche sei mit vie- len weiteren gesellschaftlichen Kräften gefordert, gemeinsam weiterzudenken.

Miteinander und nicht gegeneinander

Die vielfältigen Herausforderungen in Österreich, in Europa und darüber hinaus lassen sich nur mitei- nander und nicht gegeneinander lösen. Das war die Quintessenz der Podiumsdiskussion „Gut- Mensch“ im Stift Klosterneuburg. Der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner, der Direktor der Ka- tholischen Sozialakademie (ksoe), Markus Schlagnitweit, und die Gründerin und langjährige Leiterin der Wiener Obdachloseneinrichtung VinziRast, Cecily Corti, gingen u.a. der Frage nach, weshalb der Wille vieler Menschen, anderen Gutes zu tun, vermehrt lächerlich gemacht wird. Ihre Ausführungen waren ein eindringliches Plädoyer für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Augustiner-Chorherr Tassilo Lorenz wies in seinen einführenden Impulsworten darauf hin, dass die Suche nach dem „guten Menschen“ die Geschichte durchziehe. Zuletzt sei die Bezeichnung „Gut- Mensch“ jedoch zu einem Negativbegriff verkommen, gepaart mit Spott, Hohn und Verachtung für jene, die sich für eine bessere Gesellschaft einsetzen. Er stellte auch die Frage nach der Religion. Können nicht-religiöse Menschen genauso gut sein wie religiöse? Gibt es ein allgemeines Ethos, un- abhängig der Religionen?

Entsolidarisierung führt zu Hass und Gewalt

Caritasdirektor Schwertner warnte im Rahmen der Diskussion nachdrücklich vor Tendenzen der Ent- solidarisierung in der Gesellschaft. Viele Menschen seien überfordert, wünschten sich einfache Ant- worten und Lösungen für die zahlreichen Krisen der Gegenwart. Das befördere die Suche nach Schul- digen, werde von verschiedenen Kräften ausgenützt und führe zu Hass und Gewalt. Auch, dass Men- schen, die sich etwa für Geflüchtete einsetzen, derart kritisiert und verachtet, ja sogar als „Beitragstä- ter“ beschuldigt werden, mache ihn fassungslos, so Schwertner: „Wir dürfen nicht zulassen, dass be- stimmte Kräfte Begrifflichkeiten für sich vereinnahmen“, mahnte der Caritasdirektor. Er zeigte sich zu- dem fassungslos, dass das jüngste Video der Freiheitlichen Jugend nicht österreichweit für einen

massiven Aufschrei gesorgt habe. "Wenn in diesem Video junge Menschen auf den Balkon der Hof- burg schauen, auf dem Hitler gestanden ist, und dazu die Botschaft vermittelt wird: Das ist unsere Zu- kunft“, dann sei damit eine rote Linie überschritten. „Wir sind zu bequem geworden. Demokratische Werte sind keine Selbstverständlichkeit, sie müssen ständig aufs Neue bewahrt werden“, so Schwertner. Das zeige der Blick ins eigene Land wie über Österreichs Grenzen hinaus.

ksoe-Direktor Schlagnitweit pflichtete ihm bei, dass es gesellschaftliche Kräfte gäbe, die soziales En- gagement bekämpfen und andere Ziele verfolgen würden. Er zeigte sich ebenso besorgt ob der oft- mals verwendeten Sprache bzw. Begrifflichkeiten, hinter denen eine gewisse Agenda stehe. Als Bei- spiel nannte er neben dem Begriff des „Gut-Menschen“ auch jenen der „Klimahysterie“. Der wissen- schaftliche Befund sei eindeutig – die Welt befinde sich an einem klimatischen Kipppunkt.

Zusammenhang ökologischer und sozialer Krise

Einige waren sich Schlagnitweit und Schwertner auch darin, dass verschiedenen Krisen bzw. Be- troffene in Not nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen. Der ksoe-Direktor verwies etwa auf Papst Franziskus, der stets den Zusammenhang von ökologischer und sozialer Krise betone. Cecily Corti erinnerte sich an die Anfänge ihres Engagements mit Obdachlosen: „Ich wollte mich nicht ohn- mächtig fühlen, ich wollte damals etwas tun, um diese Welt zu verbessern.“ Sie wollte nicht bewusst „gut“ sein, so Corti, sie wollte einfach etwas tun. Für sie sei ihr soziales Engagement das Selbstver- ständlichste auf der Welt. Dass es dann die Arbeit mit Obdachlosen wurde, sei eher dem Zufall ge- schuldet gewesen, u.a. einer Begegnung mit Vinzi-Pfarrer Wolfgang Pucher.

Wenn etwas verändert, dann Empathie

Die Jahre ihres Engagements bei der Vinzi-Rast wolle sie auf keinen Fall missen. Sie sei dabei auch zutiefst selbst beschenkt worden. „Soziales Engagement macht Freude, ich habe viel gelernt. Vor 30 Jahren habe ich auch noch einen Bogen um Obdachlose gemacht“. Wenn etwas diese Welt verän- dern kann, dann sei es Empathie, zeigte sich Corti überzeugt. Corti wie auch Schwertner wiesen da- rauf hin, dass es beim sozialen Engagement vor allem auf den ersten Schritt ankommt. „Der erste Schritt ist wichtig, dann kann Großes entstehen“, so Schwertner wörtlich. Er erinnerte etwa an die An- fänge der Wiener Obdachloseneinrichtung „Gruft“. Zu Beginn sei nicht die große Caritas gestanden, sondern einige Schülerinnen und Schüler. Schwertner zeigte sich überzeugt davon, dass es über die verschiedenen Religionen hinaus bei allen Menschen eine Art von Grundverständnis von „gut“ und „böse“ gibt. Insofern könne man auch als nicht religiöser Mensch „gut“ sein. Für einen religiösen Men- schen gebe es dazu freilich keine Alternative.

AUSSTELLUNG „DIE GUTEN WERKE“

Stift Klosterneuburg: 1. Mai – 15. November 2023
T.: +43 2243 411-212, E: groups@stift-klosterneuburg.at

DISKUSSIONEN ZUM NACHHÖREN

Beide Diskussionen stehen auf www.stift-klosterneuburg.at als Video-Aufzeichnung zur Verfügung.

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©Stift Klosterneuburg, Fotograf W.Hanzmann; Abdruck honorarfrei.

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Walter Hanzmann
Stift Klosterneuburg – Pressesprecher
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